Musterfeststellungsklage hilft Geschädigten im Abgasskandal nicht weiter

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Im Abgasskandal tickt die Uhr. Bereits Ende 2018 verjähren Schadensersatzansprüche gegen die Volkswagen AG. Das durch die Bundesregierung eilig auf den Weg gebrachte Gesetz zur Einführung einer Musterfeststellungsklage soll daher bereits am 01.11.2018 in Kraft treten, um geschädigten Autokäufern noch rechtzeitig helfen zu können. Jedoch erweist sich die neue Musterfeststellungsklage bei näherer Betrachtung für Besitzer von Schummel-Dieseln als Mogelpackung.

Das Ziel des Gesetzentwurfs klingt gut. Durch die Einführung einer Musterfeststellungsklage soll die Rechtsdurchsetzung bei unrechtmäßigen Verhaltensweisen von Konzernen für gleichartig geschädigte Verbraucher verbessert werden. Wie auch die hektischen Aktivitäten in dem Gesetzgebungsverfahren zeigen, hatte die Politik insbesondere die durch die Dieselaffäre betroffenen Autokäufer im Blick.

Weil Schadensersatzansprüche gegen die Volkswagen AG bereits am 31.12.2018 zu verjähren drohen, soll das Gesetz trotz aller Widerstände noch vor der Sommerpause durch das Parlament und am 01.11.2018 in Kraft treten. Bislang hat die Bundesregierung ihre schützende Hand über die Autoindustrie gehalten. Findet nun tatsächlich ein Umdenken hin zu einem effektiveren Verbraucherschutz statt?

Nach unserer Auffassung, ist dies leider mitnichten der Fall. Der eilig zusammengeschusterte Gesetzentwurf verkompliziert das Verfahren unnötig und wird entgegen dem ausgerufenen Ziel im Ergebnis weiterhin die Großkonzerne und nicht die Geschädigten schützen.

Sollte das Gesetz planmäßig bereits am 01.11.2018 in Kraft treten, hätten Verbraucher zwar theoretisch noch zwei Monate Zeit, ihre Ansprüche anzumelden. Klagebefugt sind indessen ausschließlich besonders qualifizierte Einrichtungen wie Verbraucherschutzvereine, die weitere strenge Voraussetzungen erfüllen müssen. Das nicht unerhebliche Prozessrisiko trägt der jeweilige Verein, der die Musterfeststellungsklage weder in Gewinnerzielungsabsicht erheben, noch mehr als 5 Prozent seiner finanziellen Mittel durch Zuwendungen von Unternehmen erzielen darf.

Ganz abgesehen davon, dass Verbraucherverbände meist auch nicht über das notwendige juristische Know-how verfügen dürften, werden viele Verbände höchstwahrscheinlich auch schnell an ihre finanziellen Grenzen stoßen.

Das Musterfeststellungsverfahren kann durch Vergleich oder Urteil beendet werden. Dass sich die Volkswagen AG oder andere Hersteller auf einen Vergleich mit vielen Geschädigten einlassen wird, ist nach unserer Auffassung sehr unwahrscheinlich. Denn anders als in den USA hat VW in Deutschland „freiwillige“ bzw. durch den dortigen Druck der US-Regierung motivierte Entschädigungszahlungen kategorisch abgelehnt. Es steht daher zu erwarten, dass weiterhin der Gang durch die Instanzen bevorzugt wird.

Wenn sodann ein Urteil ergeht, sind im besten Falle lediglich Vorfragen zu Gunsten des Verbrauchers geklärt. An sein Geld kommt er noch lange nicht. Wer einen Schadenersatzanspruch individuell durchsetzen will, muss vielmehr erneut klagen. Hier hilft ihm die neue Musterfeststellungsklage überhaupt nichts. Es liegt auf der Hand, dass durch dieses zweistufige Verfahren der Prozess insgesamt erheblich verzögert wird und nach endgültigem Abschluss die meisten der Diesel-Fahrzeuge längst das Zeitliche gesegnet haben werden.

Betroffene sollten sich also von der neuen Musterfeststellungsklage nicht blenden lassen, sondern ihre Ansprüche vielmehr individuell durch einen fachkundigen Rechtsanwalt prüfen lassen und zeitnah geltend machen.

Wir bieten Ihnen die Möglichkeit einer kostenlosen und unverbindlichen Ersteinschätzung an.

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