Bahnbrechende Entscheidung des OLG Köln zur Beweislast für „Folgeschäden nach einem Zwangsupdate“ im Abgasskandal

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Das OLG Köln stellte in einer wichtigen Entscheidung vom 27.03.2018, 18 U 134/17, fest, dass Verkäufer von Dieselfahrzeugen, die mit einer „Schummelsoftware“ zur Reduzierung des Stickoxidausstoßes ausgestattet waren, nach Einspielung eines Softwareupdates weiterhin in der Pflicht bleiben. Der Autoverkäufer muss darlegen und beweisen, dass durch das Update keine Folgemängel entstanden sind und das Fahrzeug damit als ordnungsgemäße Erfüllung des Kaufvertrages anzusehen ist.

Die Durchsetzung der Rückabwicklung bereitet vielen Autokäufern, die von dem sogenannten Dieselskandal betroffen sind, nach wie vor erhebliches Kopfzerbrechen. Drohende Fahrverbote nach den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.02.2018 und Wertverluste stehen potentiellen Verfahrenskosten und zeitaufwendigen Gerichtsverfahren gegenüber.

Dabei wird häufig übersehen, dass die sprichwörtliche Uhr tickt – und dies leider immer lauter! Da wesentliche Erkenntnisse zu den Softwaremanipulationen jedenfalls bei VW bereits im Jahr 2015 bekannt wurden, droht bereits mit Ablauf des 31.12.2018 die Verjährung. Ein schnelles und konsequentes Handeln ist daher angebracht und notwendig, um sich nicht seiner Rechte und Ansprüche zu begeben.

Das OLG Köln hat Käufern nun Mut gemacht, sich zu wehren und ihre Ansprüche zu verfolgen. Verschiedene Gerichte sahen in der Durchführung des Softwareupdates und der anschließenden Weiternutzung des Fahrzeugs eine Annahme der Nacherfüllung. Dadurch hätten die Käufer die Mangelfreiheit nach dem Update faktisch anerkannt und wären in der Darlegungs- und Beweislast für etwaige Folgemängel. Das Oberlandesgericht sieht dies vor dem Hintergrund der bestehenden Zwangslage und fachlichen Unkenntnis der Autokäufer anders. Das Gericht stellte zu Recht fest, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Mangelfreiheit nach dem Softwareupdate beim Verkäufer verbleibt.

Der Autokäufer muss im Prozess daher lediglich nachvollziehbar und schlüssig vortragen, dass das Fahrzeug nach dem Update Verschlechterungen bei Leistung, Verbrauch, Emissionen oder Verschleiß der Bauteile aufweist. In diesem Fall muss sodann der Verkäufer das Gegenteil beweisen. Die Gerichte werden nach unserer Auffassung daher Beweisaufnahmen durchzuführen haben, welche Auswirkungen das Softwareupdate auf die genannten Fahrzeugmerkmale hat und ob messbare und erhebliche Abweichungen zum Zustand vor dem Update bzw. den Herstellerangaben oder den gesetzlichen Grenzwerten vorliegen. Bemerkenswert ist, dass selbst dann, wenn nach einer solchen Beweisaufnahme Zweifel an der Mangelfreiheit verbleiben, der Verkäufer beweislastig bleibt und demnach zur Rückabwicklung verpflichtet ist.

Die prozessuale Ausgangssituation der Autokäufer wurde mit der Entscheidung des OLG Köln daher nicht nur verbessert, sondern ganz wesentlich zum Positiven verändert. Folgerichtig kündigte das Oberlandesgericht auch bereits die Durchführung einer Beweisaufnahme an und beschäftigte sich auch bereits mit der letztlich wohl durchzuführenden Rückabwicklung. Kommt es zur Rückabwicklung, ist der Verkäufer zur Erstattung des Kaufpreises abzüglich eines überschaubaren Betrages für die Fahrzeugnutzung verpflichtet.

In diesem Zusammenhang sollten sich Verbraucher nach Auffassung der Rechtsanwälte vor vermeintlich risikolosen, dem deutschen Zivilprozessrecht jedoch fremden „Sammelklagen“ und „Massenverfahren“ hüten, sondern ihre Ansprüche vielmehr individuell durch einen fachkundigen Rechtsanwalt prüfen lassen und geltend machen.

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