Neue Widerrufswelle rollt auf die Commerzbank AG zu

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Die Widerruflichkeit von Immobiliardarlehensverträgen beschäftigt die Banken inzwischen seit mehr als zwei Jahrzehnten. Immer wieder kommt es dabei zu Spitzen. Aktuell trifft es dabei die Commerzbank AG besonders hart. Tausende Darlehensverträge der Commerzbank AG sind nach unserem Dafürhalten wegen eines deutlichen Fehlers in der Widerrufsinformation weiterhin widerruflich. Betroffen sind dabei insbesondere Verträge, die nach dem 10.06.2010 abgeschlossen wurden.

Banken sind verpflichtet, den Darlehensnehmer deutlich und unmissverständlich auf das bei jedem Immobilienkredit bestehende Widerrufsrecht hinzuweisen. Was sich so einfach anhört, ist in der Praxis häufig schwierig. Der Gesetzgeber hat den Kreditinstituten daher unter die Arme gegriffen und ihnen eine sogenannte Musterwiderrufsinformation zur Verfügung gestellt, um ihnen eine ordnungsgemäße Belehrung zu erleichtern.

Auch die Commerzbank AG verwendete dieses Muster formularmäßig in ihren Baufinanzierungsverträgen. Nach unserer Rechtsauffassung ist der Commerzbank AG nichtsdestotrotz in sehr vielen Verträgen ein grober Fehler unterlaufen. So formulieren die Widerrufsinformationen jeweils am Anfang des Textes, dass „der Darlehensnehmer“ seine Vertragserklärung widerrufen kann. Der „Darlehensnehmer“ wiederum wird regelmäßig auf Seite 1 der Vertragsunterlagen durch namentliche Nennung bezeichnet, wobei hier auch weiter zwischen „Darlehensnehmer/in“ und „Mitdarlehensnehmer/in“ differenziert wird.

Damit missachtete die Commerzbank AG in allen Fällen, wenn Eheleute über das Widerrufsrecht informiert werden sollten, die geschlechtsspezifische Unterscheidung zwischen Darlehensnehmer und Darlehensnehmerin. Vielmehr wurde der Anschein erweckt, dass nur der jeweilige Ehemann als „Darlehensnehmer“ zum Widerruf berechtigt ist, wohingegen der Ehefrau – als bloßer „Mitdarlehensnehmerin“ – von vornherein kein Widerrufsrecht zusteht. Dies steht jedoch in klarem Widerspruch zur Rechtslage. Denn unzweifelhaft steht jedem einzelnen Darlehensnehmer ein Widerrufsrecht zu.

Die Commerzbank AG kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Begriff „Darlehensnehmer“ im Plural zu verstehen sei und damit beide Ehepartner als „Darlehensnehmer“ anzusehen wären. Bei einer solchen Auslegung könnte der Widerruf nämlich nur durch beide Eheleute gemeinschaftlich erklärt werden. Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 11.10.2016, XI ZR 482/15, explizit bestätigt, dass das Widerrufsrecht von jedem Verbraucher alleine und unabhängig von anderen Vertragspartnern ausgeübt werden kann.

Es zeigt sich also, dass der Verbraucher falsch belehrt wurde. Da bei Verträgen seit dem 11.06.2010 die durch geschickte Lobbyarbeit der Banken eingeführte Erlöschensvorschrift des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB nicht eingreift, können damit tausende Darlehensnehmer ihre Verträge auch heute noch wirksam widerrufen. Nach unseren Erfahrungen aus über eintausend behandelten Widerrufsfällen lassen sich hierdurch oftmals ganz erhebliche wirtschaftliche Vorteile erzielen.

Wir bieten Ihnen die Möglichkeit einer kostenlosen und für Sie unverbindlichen Ersteinschätzung an.

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