Bahnbrechendes Urteil des LG Düsseldorf zum Widerruf von Darlehen mit Volks- & Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD Banken

Inhaltsverzeichnis

Das LG Düsseldorf bejahte mit seinem Urteil vom 15.12.2017, Az.: 10 O 143/17, die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Jahr 2010 geschlossenen Darlehensvertrages wegen der Abbedingung von § 193 BGB. Die Entscheidung betrifft Millionen von Kreditverträgen mit Banken aus dem genossenschaftlichen Bereich (Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD Banken).

Die weit überwiegende Anzahl der Widerrufsbelehrungen in Kreditverträgen, die zwischen dem 01.09.2002 und dem 10.06.2010 abgeschlossen worden sind, ist bekanntermaßen fehlerhaft. Wir hatten bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass es auch bei sogenannten Neuverträgen zahlreiche Fehlerquellen gibt. Dies bestätigte nunmehr das Urteil des LG Düsseldorf vom 15.12.2017 zum Aktenzeichen 10 O 143/17.

In den „Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen“ der beklagten Bank fand sich unter der Ziffer „26 Abbedingung von § 193 BGB“ folgende Bestimmung: „Die Parteien bedingen die Regel des § 193 BGB ab, wonach dann, wenn an einem bestimmten Tag oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken ist und der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärung- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag tritt. Durch das Abbedingen dieser Regelung kann beispielsweise die Fälligkeit einer Rate auch an einem allgemeinen Feiertag, einem Sonnabend oder einem Sonntag eintreten.“

Das LG Düsseldorf sieht in dieser Formulierung völlig zu Recht eine zu Lasten des Verbrauchers unzulässige Verkürzung der gesetzlichen Widerrufsfrist von 14 Tagen sowie der Frist für die Verpflichtung zur Erstattung von Zahlungen von 30 Tagen. Damit wurde die dortige Klägerin nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informiert und konnte den Vertrag auch noch am 20.06.2016 wirksam widerrufen.

Für Kunden von genossenschaftlichen Banken ist die Entscheidung des LG Düsseldorf ein Paukenschlag. Denn nach unseren Erfahrungen aus der Prüfung von tausenden Darlehensverträgen befindet sich eine entsprechende Klausel in einer Vielzahl von Vertragswerken der Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD Banken. Zudem greift bei Neuverträgen seit dem 11.06.2010 die Erlöschensvorschrift des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB unzweifelhaft nicht ein. Jeder Verbraucher kann seinen Vertrag daher auch heute noch wirksam widerrufen, falls die Bank die gesetzlichen Vorgaben nicht eingehalten hat.

Unabhängig von den durch das LG Düsseldorf festgestellten Mängeln in der Widerrufsinformation müssen dem Darlehensnehmer auch zahlreiche, weitere Angaben zur Verfügung gestellt werden. Der durch die Bank einzuhaltende Pflichtenkatalog ist ebenso lang wie streng. Wenn die im jeweiligen Einzelfall erforderlichen Pflichtangaben nicht vollständig genannt werden oder fehlerhaft sind, beginnt die Widerrufsfrist ebenfalls nicht zu laufen.

Bei einigen Kreditinstituten wird nach den genannten „Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB“ als Beispiel in dem Klammerzusatz unter anderem die „zuständige Aufsichtsbehörde“ genannt. In einem gegen eine Sparkasse ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.11.2016, XI ZR 434/15, wurde bereits festgestellt, dass der Widerruf in diesen Fällen wirksam erklärt werden kann. Nach einer Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 28.03.2017, 17 U 58/16, kann sich die Bank auch nicht darauf berufen, die Aufsichtsbehörde in dem sogenannten Europäischen Standardisierten Merkblatt bezeichnet zu haben.

Noch gravierender ist der Mangel bei einigen Widerrufsinformationen der ING-DiBa. Hier ist von einer „für den Darlehensnehmer zuständigen Aufsichtsbehörde die Rede. Eine solche gibt es aber nicht.

Nach unseren Erfahrungen werden dem Verbraucher in den umfangreichen Vertragsunterlagen teils auch unterschiedliche und inhaltlich voneinander abweichende Widerrufsbelehrungen bzw. Widerrufsinformationen erteilt. So finden sich beispielsweise in einigen Vertragswerken der Sparda-Bank oder auch der ING-DiBa derartige widersprüchliche „Mehrfachbelehrungen“.

Es zeigt sich also, dass es auch bei Kreditverträgen ab Mitte 2010 zahlreiche Fehlerquellen gibt. Darlehensnehmer sollten ihre Finanzierungen daher weiterhin durch einen auf dem Gebiet des Bankrechts fachkundigen Rechtsanwalt sorgfältig prüfen lassen.

Wir bieten Ihnen die Möglichkeit einer kostenlosen und unverbindlichen Ersteinschätzung an.

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